Download - Workbook - Gravimetrische Kapselherstellung

Sechs mögliche Symptome bei der Eigendiagnose „Magen-Darm-Beschwerden“ – Erfahre, wie Du durch geschicktes Fragen die notwendigen Informationen erhältst und was Du Deinen Kund:innen mit auf den Weg geben kannst.

Stell Dir doch einmal die folgende Situation vor:

Herr Naujoks betritt die Michaelis-Apotheke und klagt über Magen-Darm-Beschwerden. „Sieglinde, Sie müssen mir helfen. Es geht mir fürchterlich schlecht. Ich habe schlimme Magen-Darm-Beschwerden.“

´Na toll`, denkt sich Sieglinde. ´Magen-Darm-Beschwerden… Das kann doch alles oder nichts sein.`Sie atmet tief durch und beginnt Herrn Naujoks Fragen zu stellen.

Kennst Du das auch?

Die Eigendiagnose – Magen-Darm-Beschwerden – kann doch irgendwie alles oder nichts sein. Das gilt es zunächst durch geschicktes Fragen herauszufinden, welche Beschwerden die Kund:innen genau haben. Erst dann kannst Du eine Entscheidung treffen, ob eine Selbstmedikation überhaupt in Frage kommt oder ob besser ein Arztbesuch ratsam ist. Im Anschluss kannst Du Deine Kund:innen unabhängig von Deiner Entscheidung bestmöglich informieren.

Magen-Darm-Beschwerden – die erste Möglichkeit:

Herr Naujoks hat Verstopfung

Magen-Darm-Beschwerden: Kundin mit Verstopfung

Drei mögliche Fragen, die Du Herrn Naujoks bei stellen könntest:

  1. Wie oft können Sie auf Toilette gehen? (Erfragen der Stuhlhäufigkeit)
  2. Seit wann liegen die Beschwerden vor? (Erfragen, ob chronische oder akute Beschwerden vorliegen)
  3. Wann treten die Beschwerden auf? (Erfragen, ob es bestimmte Auslöser wie Reisen oder Stress gibt)

Für deine Beratung ist es insbesondere wichtig die Gründe für den Missbrauch von Abführmitteln zu kennen. Mit einem solchen wissen kann auch ein Teufelskreis von Laxantienmissbrauch durchbrochen werden.

Drei mögliche Gründe für Laxantienmissbrauch sind:

  • Gewichtsreduktion

Der Körper hat weniger Zeit die Nährstoffe aufzunehmen, wenn die Darmpassage durch die Laxantien beschleunigt wird. Diese Methode funktioniert zwar, ist jedoch alles andere als gesund. Nährstoffmangel, Vitaminmangel und Elektrolytmangel sind die negativen Auswirkungen dieser Abnehmmethode. Besonders gefährlich ist ein Kaliumangel, da dieser zu Herzrhythmusstörungen, Muskelschwäche und Darmträgheit führt.

  • Fehlende Kenntnis über die normale Stuhlhäufigkeit

Eine Stuhlfrequenz von dreimal pro Woche bis zu dreimal am Tag ist normal. Ernährung, Bewegung, Stress, Klimawechsel und Reisen sind Faktoren, die Einfluss auf die Stuhlhäufigkeit haben können. Treten weder Bauchschmerzen noch Unwohlsein auf, muss bei veränderter Häufigkeit nicht direkt zum Abführmittel gegriffen werden.

  • Mangel an Bewegung und falsche Ernährung

Bewegungsmangel und ballaststoffarme Ernährung machen den Darm träge. Eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und der Bewegungsroutine im Alltag können die Darmtätigkeit wieder aktivieren.

Magen-Darm-Beschwerden – die zweite Möglichkeit:

Herr Naujoks hat Durchfall

Magen-Darm-Beschwerden: Kunde mit Durchfall

Drei mögliche Fragen, die Du Herrn Naujoks stellen könntest:

  1. Wie oft müssen Sie auf Toilette gehen? (Erfragen der Konsistenz und der Stuhlhäufigkeit)
  2. Seit wann liegen die Beschwerden vor? (Erfragen, ob chronische oder akute Beschwerden vorliegen)
  3. Wann treten die Beschwerden auf? (Erfragen, ob es bestimmte Auslöser wie Arzneimittel oder Stress gibt)

Mit diesen fünf Informationen frischt Du im Nu Dein Beratungswissen rund um das Themas Durchfall wieder auf und kannst Herrn Naujoks gezielt weiterhelfen:

  • Loperamid

Der Wirkstoff ist ein Antiperistaltikum. Die Darmmotilität wird gehemmt und somit werden Wasser- und Elektrolytverluste verhindert und der Stuhl verfestigt sich.

  • Racecadotril

Der Wirkstoff ist ein Sekretionshemmer. Die Enkephalinase wird gehemmt. So werden Enkephaline vor dem enzymatischen Abbau geschützt und deren antisekretorischer Effekt wird verlängert.

  • Medizinische Kohle

Adsorbiert Toxine und dann werden sie über den Stuhl wieder ausgeschieden.

  • Saccharomyces boulardii

Die Hefelyophilisate stabilisieren die natürliche Darmflora, binden Toxine, hemmen das Wachstum pathogener Keime, hemmen den Wasser- und Elektrolyteinstrom in das Darmlumen und reduzieren die gesteigerte Darmmotorik. So kann der Durchfall nachlassen.

  • Schnell zum Arzt

Bei Durchfall mit Fieber über 39 Grad Celcius oder Blut im Stuhl sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Magen-Darm-Beschwerden – die dritte Möglichkeit:

Herr Naujoks hat Bähungen

Magen-Darm-Beschwerden: Kunde mit Blähungen

Drei mögliche Fragen, die Du Herrn Naujoks stellen könntest:

  1. Welche Beschwerden liegen vor? (Erfragen, ob Schmerzen oder ein Blähbauch vorliegen)
  2. Welche Begleitsymptome treten auf? (Erfragen, ob auch Übelkeit oder Durchfall beispielsweise auftreten.)
  3. Wann treten die Beschwerden auf? (Erfragen, ob sie nur nach dem Essen auftreten oder auch nüchtern)

Mit diesen fünf Strategien kann Herr Naujoks Blähungen vermeiden:

  • Beim Essen nicht reden

Wer beim Essen redet, schluckt Luft. Diese Luft wandert in den Darm. Dort sorgt sie für die typischen Beschwerden bei Blähungen.

  • Stress vermeiden

Der Magen-Darm-Trakt kann bei Stress nicht normal arbeiten. Innerliche Anspannung, Verkrampfung und falsche Atmung verursachen Blähungen.

  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten umgehen

Laktose-Intoleranz, Fruktose-Intoleranz und Gluten-Unverträglichkeit sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die zu Blähungen führen können. Der Grund dafür ist die bakterielle Gärung unverdauter Zucker, die zu einer vermehrten Gasbildung führt.

  • Darmflora stabilisieren

Zu viele gasbildende Bakterien, eine Fehlbesiedlung mit Bakterien oder eine Antibiotikatherapie, welche alle nützlichen Bakterien abtötet, können zu Blähungen führen.

  • Arzt-Check: Chronisch Darmerkrankungen oder Erkrankungen anderer Organe

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder das Reizdarmsyndrom können Blähungen auslösen.Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, Leber, Galle sowie Darmverschluss oder Darmkrebs können ebenfalls Blähungen auslösen

Magen-Darm-Beschwerden – die vierte Möglichkeit:

Herr Naujoks leidet unter Sodbrennen

Magen eines Kunden mit Sodbrennen

Drei mögliche Fragen, die Du Herrn Naujoks stellen könntest:

  1. Welche Beschwerden liegen vor? (Erfragen, ob Schmerzen oder saures Aufstoßen auftreten)
  2. Welche Begleitsymptome treten auf? (Erfragen, ob auch Übelkeit oder Schluckbeschwerden beispielsweise auftreten.)
  3. Wann treten die Beschwerden auf? (Erfragen, ob sie nur nach dem Essen auftreten oder auch nachts)

Bei diesen vier Alarmsymptomen neben Sodbrennen sollte Herr Naujoks unbedingt zum Arzt:

  • Schluckbeschwerden

Es liegt eventuell ein Tumor in der Speiseröhre vor.

  • Schwarzer Stuhl

Dies könnte ein Hinweis auf ein Magen- oder Zwölffingerdarm-Geschwür sein.

  • Starker Gewichtsverlust

Dafür könnte eine Krebserkrankung die Ursache sein.

  • Schwellungen im Bauchraum

Diese geben Hinweis auf akute Entzündungen.

Magen-Darm-Beschwerden – die fünfte Möglichkeit:

Herr Naujoks leidet unter Übelkeit oder Erbrechen

Kundin, der übel ist und die unter Erbrechen leidet

Drei mögliche Fragen, die Du Herrn Naujoks stellen könntest:

  1. Welche Beschwerden treten auf? (Erfragen, ob neben Übelkeit auch Erbrechen oder auftritt)
  2. Seit wann treten die Beschwerden auf? (Erfragen, wie langen die Beschwerden bereits bestehen und ob der Auslöser bekannt ist.)
  3. Welche Begleitsymptome treten auf? (Erfragen, ob zusätzlich Fieber oder Durchfall auftreten)

Die Wirkstoffe Dimenhydrinat und Diphenhydramin aus der Wirkstoffgruppe der H1-Antihistaminika sind Mittel der Wahl bei Übelkeit und Erbrechen in der Selbstmedikation.

Die drei Abgabehinweise dürfen niemals fehlen:

  • Nicht zusammen mit Alkohol einnehmen.

Der sedierende Effekt würde verstärkt werden.

  • Nicht zusammen mit dämpfenden Arzneimitteln einnehmen.

Der sedierende Effekt würde verstärkt werden.

  • Auf ein eingeschränktes Reaktionsvermögen hinweisen.

Besondere Vorsicht ist zum Beispiel auch bei der Teilnahme im Straßenverkehr geboten.

Diese drei Abgabehinweise sind außerdem sinnvoll:

  1. Hinweis darauf, dass die Arzneistoffe auch müde machen.
  2. Hinweis auf die anticholinergen Nebenwirkungen, wie Mundtrockenheit.
  3. Hinweis auf die relevanten Kontraindikationen, wie Engwinkelglaukom.

Magen-Darm-Beschwerden – die sechste Möglichkeit:

Herr Naujoks hat eine Magenschleimhautentzündung oder ein Magengeschwür

Magen-Darm-Beschwerden: Magen eines Kunden mit Magenschleimhautentzündung oder Magengeschwür

Drei mögliche Fragen, die Du Herrn Naujoks stellen könntest:

  1. Wurden die Beschwerden bereits durch einen Arzt abgeklärt? (Die genaue Diagnosestellung gehört unbedingt in die Hände eines Arztes)
  2. Seit wann treten die Beschwerden auf? (Erfragen, wie langen die Beschwerden bereits bestehen und ob der Auslöser bekannt ist.)
  3. Welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen? (Erfragen, ob zusätzlich bereits die Symptome in der Selbstmedikation behandelt wurden)

Die häufigste Ursache für Magenschleimhautentzündung oder Magengeschwür ist eine Infektion mit Helicobacter pylori. Dieses Bakterium lässt sich mit der sogenannten Tripple-Therapie beseitigen. Diese Standardtherapie zur Vernichtung von Helicobacter pylori besteht aus drei Wirkstoffen:

  1. Protonenpumpeninhibitor (Omeprazol oder Pantoprazol)
  2. Antibiotikum (Amoxicillin oder Metronidazol)
  3. Antibiotikum (Clarithromycin)

Diese drei wichtigen Abgabehinweise dürfen niemals fehlen:

  1. Medikamente regelmäßig, ausreichend dosiert und ausreichend lange einnehmen.
  2. Einnahmezeitpunkt auf einem Plan oder im Kalender vermerken, sodass der Überblick behalten wird.
  3. Rauchen und Alkohol meiden, sodass eine zusätzliche Reizung der Magenschleimhaut vermieden wird.

Fazit

So wird die Eigendiagnose konkret

Jetzt weißt Du, wie Du durch geschickte Fragen die sehr allgemeine Symptombeschreibung von Herrn Naujoks konkretisieren kannst und eine Idee entwickelst, welche Beschwerden er genau hat. Im Anschluss kannst Du eine Entscheidung für oder gegen die Selbstmedikation treffen und ihn abschließend umfassend informieren.

Natürlich können sich die Möglichkeiten auch überschneiden oder mehrere Symptome parallel auftreten. Auch auf die Vielzahl von synthetischen und pflanzlichen Wirkstoffen für die Selbstmedikation wird hier nicht ausführlich eingegangen. Dazu erfahrt Ihr mehr in einem anderen Blog-Artikel.

Bis ganz bald.

PS: Alle Personen und Orte in meinem Blog sind natürlich rein fiktiv und sollen die Vorstellungskraft unterstützen.

Portrait 1

Hey, ich bin Simone!

Hallo, ich bin Simone Gansewig. Als Apothekerin und Oberstudienrätin begleite ich angehende PTAs durch ihre Ausbildung. Mein Wissen teile ich gern auch mit PTAs und anderen Berufsgruppen, die schon in der Apotheke arbeiten, sodass diese ihr vorhandens Wissen auffrischen können und Neues dazulernen können.

Kapseln

Beratungswissen für die Apotheke

Hier erfährst Du, wie Du Deine Kund:innen optimal berätst.

Fantaschale

Rezepturwissen für die Apotheke

Hier erfährst Du, was Du bei der Arzneimittelherstellung beachten musst.

Ich am Mikro

PTA-Audio, PTA-Video, PTA-Info

Beratungswissen und Rezepturwissen auf allen Kanälen.

Diese Artikel könnten dir auch gefallen:

Trage dich jetzt in den Newsletter ein und erhalte die Workbook als Download.

Der Newsletter-/E-Mail-Versand erfolgt entsprechend meiner Datenschutzerklärung über den Anbieter ActiveCampaign. Du erhältst Tipps und Tricks rund um die Themen Beratung in der Apotheke und Rezepturwissen. Du kannst dich jederzeit wieder abmelden.